Deutlich mehr als der Bundeskanzler
„Es sind große Zahlen: 445 000 Euro für die Vorständin der Investitionsbank Berlin, Angeliki Krisilion, 426 000 für die Chefin der Berliner Stadtreinigung, Stephanie Otto und 395 000 Euro für den Interimsvorstandschef der Berliner Wasserbetriebe, Frank Bruckmann: Dass an der Spitze der Berliner Landesunternehmen sehr gut verdient wird, ist nicht erst seit Veröffentlichung des aktuellen Beteiligungsberichts Anfang November klar. Gehälter deutlich oberhalb dessen, was die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey oder gar Bundeskanzler Olaf Scholz verdienen (beide SPD) sind zumindest an der Konzernspitze keine Seltenheit. Neu dagegen ist die Schärfe der Kritik, die der Berliner Rechnungshof am Vergütungssystem der Geschäftsführungen von Beteiligungsunternehmen übt. In einer dem Tagesspiegel vorliegenden Stellungnahme moniert Gerald Jank, Direktor des Rechnungshofs, die den Vergütungsregeln zugrundeliegenden Beteiligungshinweise würden bei den geprüften Landesunternehmen in einer Vielzahl der Fälle nicht eingehalten. Von Wildwuchs ist die Rede und davon, dass insbesondere bei der Auszahlung von Boni, die sich 2021 auf knapp drei Millionen Euro summiert hatten, nachvollziehbare Kriterien fehlten. Konkret fehlen laut Jank Gesamtvergütungskonzepte, was zu immer höheren Gehaltszahlungen führe. Häufig sei die Angemessenheit der Gehaltszahlungen nicht nachvollziehbar dokumentiert, auch eine Orientierung der Vorstandsbezüge an der wirtschaftlichen Entwicklung der Unternehmen fehle.“ Wegen der gänzlich fehlenden oder nur nebulösen Kriterien – so der Tagesspiegel – sei es Praxis geworden, „dass der auf dem Papier variable Gehaltsanteil der Vorstandsvergütung in der Praxis zu einem festen Bestandteil mutiert und die Nicht-Auszahlung von Boni die absolute Ausnahme geworden sei.“…..“Der Sinn einer erfolgsabhängigen Zielvereinbarung wird so ad absurdum geführt“……“Jank fordert eine Vereinheitlichung durch die Festlegung von Bezahlstandards und Rahmenvorgaben.“
In seinem Bericht geht der „Tagesspiegel“ auch auf die Rolle des Abgeordnetenhauses, also des Berliner Landesparlaments, bei der Steuerung der Beteiligungen ein. Der Vorsitzende des dortigen Beteiligungsausschusses, Jörg Stroedter (SPD), „drängt schon länger auf einen stärkeren Einfluss des Abgeordnetenhauses bei der Besetzung der Gremien (gemeint sind die Aufsichtsräte – der Autor). Die von den Grünen geführte Finanzverwaltung sieht das skeptisch. Sie bezeichnet die Besetzung der Aufsichtsräte als klare Aufgabe der Exekutive und erklärt: Eine Einflussnahme auf diese Aufgaben durch das Abgeordnetenhaus ist sehr skeptisch zu sehen“.
(„Tagesspiegel“, Berlin: „Wildwuchs“ bei Landesbetrieben. Prüfen kritisieren Chef-Vergütung, 9. Dezember 2022, Robert Kiesel)
Sie haben die weitgehend komplette Dokumentation des Artikels im Berliner „Tagesspiegel“ vom 9. Dezember 2022 gelesen und fragen mit gutem Recht, „was will der Blogger uns damit sagen?“ Meine Antwort muss sich auf kurze Anmerkungen reduzieren. Ein Blog ist nicht die Plattform für ausführliche Argumentationen und wissenschaftliche Beweisführungen. Das Thema Vergütungen in der öffentlichen Hand – Exekutive, Legislative, Judikative und Unternehmen – verdient mindestens eine Habilitationsschrift. Dazu kann ich hier bestenfalls ein paar Anstriche für die Gliederung liefern. Aber schon dafür dürfen Sie mich mit Wortmeldungen prügeln oder loben. Ich weiß aus vielen Diskussionen, dass sich an diesem Gegenstand die Geister scheiden.
- Der Autor des Textes im „Tagesspiegel“ hatte keine Zeit oder keine Lust zum Recherchieren. Jedenfalls ließ er uns mit seiner Formulierung, dass die erwähnten Gehälter der Vorstandschefs von öffentlichen Unternehmen in Berlin „deutlich oberhalb dessen liegen, was die Regierende Bürgermeisterin, Franziska Giffey, und der Bundeskanzler, Olaf Scholz, verdienen“, im Nebel sitzen. Deshalb schaffe ich zunächst mit Zahlen Klarheit: Franziska Giffey bekommt ein jährliches Salär von 206 000, Olaf Scholz von 360 000 Euro. Auch für diese Summen muss die sprichwörtliche Oma sehr, sehr lange stricken. Wir können es also mit gutem Gewissen als auskömmlich bezeichnen.
- Alle drei in dessen Beitrag genannten Chefs Berliner Unternehmen bekommen im Schnitt per anno mehr als Doppelte als die Chefin der Bundeshauptstadt. Diese Relationen halte ich für falsch. Man mag es pervers finden, dass Lionel Messi rund 38 Millionen Euro im Jahr verdient oder der Vorstandschef von Audi, Markus Duesmann, rund 10 Millionen. Aber bei diesen Beispielen, die für viele stehen, regelt die Vergütung der Markt bzw. die privaten Eigentümer. Moralisch bleibt es gleichwohl fragwürdig, dass die Nummer Eins eines deutschen Autobauers fast das 28fache pro Jahr an Lohn bezieht als der Chef der „Deutschland AG“. Das ist aber an dieser Stelle nicht unser Thema.
- Wir vergleichen nämlich – methodisch korrekt – die Jahreseinkommen innerhalb einer öffentlichen Körperschaft, dem Land Berlin. Und dafür bleibe ich bei meiner Einschätzung, dass die Relationen nicht sachgerecht sind. Und nenne dafür – damit wir wirklich alle wach werden – noch das Beispiel Patricia Schlesinger. Die zu Recht geschasste Ex-Intendantin des RBB bekam pro Jahr 330 058 Euro Lohn auf ihr Konto überwiesen. Verwaltungs- und Aufsichtsrat müssen sich doch nicht wundern. Wer seine leitende Angestellte so kurz hält, muss damit rechnen, dass sie zum rettenden Strohhalm greift und private Feten als Spesen abrechnet und ansonsten die Arbeit verweigert. Für einen Hungerlohn kann man doch nur das Programm mit der schlechtesten Akzeptanz unter allen Landesanstalten der ARD abliefern……..
- Natürlich – das ist meine ganz banale Schlussfolgerung – müssen die Chefs, im konkreten Fall die Regierende Bürgermeisterin, den höchsten Lohn bekommen. Sie stehen in der Hierarchie an der Spitze, tragen die größte Verantwortung und absolvieren mit großer Wahrscheinlichkeit auch die längste Arbeitszeit. Dahinter sollten sich die leitenden Angestellten einzuordnen. Bei den Senatoren ist das der Fall, nicht aber bei den meisten Vorständen von Landesunternehmen und -einrichtungen. Letztere haben übrigens, das wird gern vergessen, auch Amtsträgerstatus. Es ist blauäugig, dass man das ganze Entlohnungssystem, das sich deutschlandweit an der Beamtenbesoldung orientiert, in absehbarer Zeit grundlegend verändern kann. Aber kurzfristig machbar wäre es, innerhalb des Systems Ordnung zu schaffen und dabei der nun mal hierarchischen Struktur Respekt zu erweisen.
- Es hat für mich nicht höchste oder hohe Priorität, sich über die absoluten Zahlen der jährlichen Vergütungen Gedanken zu machen Ein Jahreseinkommen zwischen 200 000 und 360 000 Euro, das ist in etwa die Bandbreite zwischen den Bezügen der Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer und dem Bundeskanzler, wird nach meiner Überzeugung den Anforderungen an die damit zusammenhängenden Aufgaben und auch der Verantwortung gerecht. Wem’s nicht reicht, mag sich als Vorstandsvorsitzender eines Dax-Konzerns bewerben oder so gut Fußball spielen wie Lionel Messi.
- Wenn überhaupt, dann muss die Vergütung der Amtsträger auf Ebene des Bundes, der Länder und in den Kommunen unter dem Aspekt diskutiert werden, dass diese durch die Regularien der Beamtenbesoldung bestimmt werden. Hier sehe ich den größten Handlungsbedarf auf der kommunalen Ebene und dort in erster Linie bei den Mittelzentren. Dort ist der Bürgermeister oder Oberbürgermeister mit relativ kleinen Verwaltungsappparaten tatsächlich „Mädchen für alles“ mit eingeschränkten Delegierungsmöglichkeiten. Dort sollte man deutlich nachbessern. Das hätte auch den Effekt, dass die Unterschiede zu den Einkommen für die Chefs ausgewählter kommunaler Unternehmen (in erster Linie Stadtwerke, Sparkassen) kleiner werden. So kämen man von zwei Seiten – siehe Punkt 11 – zu der m. E. anzustrebenden Konsistenz der Vergütungen in den jeweiligen öffentlichen Strukturen.
- Ohne wenn und aber hat der Berliner Landesrechnungshof Recht, wenn er fordert, die Vergütungen und die Boni an klare quantifizier- und abrechenbare Kriterien zu binden. Es ist doch unglaubwürdig, ja sogar unanständig, die Privatwirtschaft dafür zu prügeln, dass dort die vollen Vorstandsgehälter und Dividenden auch bei Krisen und unternehmerischen Misserfolgen gezahlt werden. Die Kritik an solche Praktiken ist richtig. Aber wir predigen öffentlich Wasser und saufen heimlich Wein, wenn wir die Vergütungen bei der Öffentlichen Hand (bei allen Amts- und Mandatsträger sind die Quelle die Steuergelder der Bürger) nicht an eindeutige Leistungskriterien binden.
Zu einem solchen Kriterienkatalog gehören selbstverständlich auch Sanktionen, wenn aus politischen und/oder unternehmerischen Handeln finanzielle und sonstige Schäden entstehen. Diese Forderung ist doch keine Stammtisch-Rhetorik! Dem Bürger schwillt zu Recht der Kamm, wenn er feststellt, dass unser Hauptstadtflughafen auf Brandenburger Acker, kurz BER genannt, das Vielfache von dem gekostet hat, was geplant und kalkuliert wurde und neun Jahre später – Termin war das Jahr 2011 – eröffnet wurde und fragt, wann die dafür politischen Verantwortlichen für diese Fehlleistungen bestraft werden. - Was wir im Tagesspiegel gelesen haben, ist keine Lex Berlin. Auch in den anderen 15 Bundesländer ist der Chef am Kabinettstisch nicht der öffentliche Spitzenverdiener. Analog dazu der Bund. Der Chef der Bundesbank, Joachim Nagel, hat ein Jahresgehalt von fast einer halben Million Euro, ein Viertel mehr als der Bundeskanzler. „Für fast null Verantwortung“, war am 16. Oktober 2022 in der „Berliner Zeitung-Online“ zu lesen. Das ist leicht übertrieben, aber im Kern zutreffend. Herr Nagel ist in der Tat ein deutlich überbezahlter Verwalter deutscher Währungs- und Goldreserven und nimmt mit stark limitierten Befugnissen Teile der Aufsicht über die Banken und Versicherungen wahr. Die wirklich relevante Geldpolitik wird schon lange nahezu komplett in der Europäischen Zentralbank gemacht.
- Zu betrachten ist zu diesem Thema natürlich auch die kommunale Ebene. Die gehört staatsrechtlich zwar zu den Ländern, aber zumindest auf dem Papier des Grundgesetzes wird im Artikel 28, Absatz 2 die kommunale Selbstverwaltung normiert, wozu auch die Organisationshoheit gehört. Auch hier finden wir viele Analogien zum Berliner Beispiel. Nicht nur deshalb, weil die Hauptstadt eine Art Zwitter, sowohl Land als auch Kommune, ist. Zumindest die kommunalen Unternehmen der Daseinsvorsorge können direkt mit denen in allen anderen deutschen Städten verglichen werden. Dort finden wir bei den Einkommen ebensolche strukturelle Ungereimtheiten. Regelmäßig ist das Jahresgehalt eines Stadtwerke-Chefs deutlich höher als das des Oberbürgermeisters. Noch krasser sind die Unterschiede zwischen den Vorständen der Sparkassen. Im Regelfall ist deren Träger ein Landkreis oder eine kreisfreie Stadt. So beziffert die Kreissparkasse Köln, immerhin drittgrößte Sparkasse in Deutschland, das Jahreseinkommen ihres Sparkassen-Vorstands im Jahr 2019 auf 953 000 Euro.Wie das „Handelsblatt“ berichtet, sollen die sechs Vorstandsmitglieder der Kreissparkasse Köln im Jahr 2018 zusammen rund 4,4 Millionen Euro verdient haben.
(https://www.merkur.de/leben/karriere/gehalt-sparkasse-top-manager-vorstand-bank-millionaere-zr-90265306.html)
Zum Vergleich: im Jahr 2018 2018 erhielt die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker laut Auflistung auf der städtischen Internetseite monatlich 13.912,76 Euro, also rund 167 000 Euro im Jahr. Der Vorstand ihrer Sparkasse bekam sechsmal soviel.
https://www.ksta.de/koeln/koeln-so-viel-verdienen-die-politiker-der-stadt-257366 - Zur Begründung der gravierenden Unterschiede zwischen den Einkommen der höchsten öffentlichen Amtsträger auf allen Ebenen – Bund, Länder, Kommunen – und den Chefs der dort angesiedelten öffentlichen Unternehmen wird regelmäßig darauf verwiesen, dass der Vergleichsmarkt für die Bezahlung der Führungskräfte in den kommunalen und staatlichen Unternehmen die Privatwirtschaft ist. Dort würden sogar noch deutlich höhere Einkommen in den Chefetagen aufgerufen. Wolle man qualifiziertes Führungspersonal für die öffentliche Wirtschaft gewinnen, müsse man Saläre ähnlich wie in der Privatwirtschaft zahlen. Das ist für mich vor allem ein Totschlagargument. Wenn wir schon vergleichen, dann müssen wir die vorwiegend mittelständisch geprägte Kommunalwirtschaft am privaten Mittelstand messen und nicht an den 40 Dax-Unternehmen. Im privaten Mittelstand freuen sich viele Geschäftsführer schon über ein Gehalt in Höhe des Jahreseinkommens der Kölner Oberbürgermeisterin. Ein dritter Aspekt ist der, dass es neben dem Einkommen auch andere Kriterien gibt, die den Reiz einer Führungsposition in einem öffentlichen Unternehmen ausmachen. Etwa die große Akzeptanz der Daseinsvorsorgeunternehmen bei den Bürgern, die seit Jahrzehnten immer wieder in repräsentativen Befragungen bestätigt wird. Viertens gibt es auch bei den öffentlichen Unternehmen im Regelfall eine höhere Arbeitsplatzsicherheit und einen deutlich geringeren Druck auf Maximalgewinne. Zum Schluss ein ganz praktisches Argument. Ich kenne etliche Ausschreibungen, die in jüngerer Zeit für kleine und mittlere Stadtwerke stattfanden. Bei vergleichsweise moderaten Jahreseinkommen, die in der Nähe der Bezüge der Bürgermeister bzw. Oberbürgermeister lagen, gab es dreistellige Bewerberzahlen. Das ist für mich der stärkste Beleg dafür, dass man auch bei Einkünften die niedriger als in der Privatwirtschaft sind, tüchtige und engagierte Führungskräfte bekommt. Ich habe im Laufe der letzten drei Jahrzehnte einige Hundert Geschäftsführer kommunaler Unternehmen getroffen. Fast alle haben ihre Aufgaben mit großer Leidenschaft und mit Engagement für ihre Kunden, also die Bürger, erfüllt. Das solide Gehalt war definitiv nicht das Hauptmotiv. Ich bin mir sicher, sie hätten ihre Leistungen auch für etwas weniger Lohn vollbracht.
- Selbstredend plädiere ich keinesfalls dafür, in den derzeitigen Status quo im Sinne von Lohnkürzungen einzugreifen. Die derzeitigen Disparitäten kann man nicht von jetzt auf gleich ausgleichen. Das braucht Zeit. Aber bei der Ausschreibungen neuer Führungspositionen könnte man schon Morgen damit starten, die bestehenden Unterschiede zwischen den Einkommen von Amts- und Mandatsträgern und den Führungskräften in den öffentlichen Unternehmen abzubauen.
Ebenfalls auf der aktuellen Agenda steht mit dem Vermerk „eilig“, dass für alle bestehenden Vergütungsregeln eindeutig definiert wird, an welche abrechenbare Leistungen- siehe Punkt 7 – die Zahlungen gebunden sind.
Zum Abschluss will ich eine Anmerkung zur Wortmeldung im „Tagesspiegel“ machen, die mit dem Thema Vergütungen im engeren Sinne nichts zu tun hat. Im letzten Absatz des dokumentierten Textes wird der Vorsitzende des Beteiligungsausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus, Jörg Stroedter (SPD), zitiert, der eine stärkere Mitwirkung der Parlamentarier in den Aufsichtsgremien der öffentlichen Unternehmen Berlins fordert.
Zu recht! Ich habe schon 2015 in einer Studie über die Daseinsvorsorgeunternehmens Berlin auf dieses Erfordernis wie folgt hingewiesen:
„Eine wichtige Einzelfrage ist die Einbindung der Mandatsträger aus der Legislative. Prinzip in Berlin ist es, dass die Mandatsträger aus dem Abgeordnetenhaus keine Mandate in den Aufsichtsräten der öffentlichen Unternehmen der Stadt wahrnehmen. Der Autor hat Stichproben für wenige Unternehmen in den Stadtstaaten Bremen und Hamburg vorgenommen – das ist keinesfalls repräsentativ – und für diese Unternehmen festgestellt, dass dort ebenfalls keine Mandatsträger aus den Legislativen der beiden Länder vertreten sind.
Dass der Status quo in Berlin (vermutlich auch in Bremen und Hamburg) das „Weltbild“ des Autors ein wenig erschüttert, muss er in dieser Studie auch dokumentieren. Denn er ist Verfechter einer geschlossenen Legimitationskette für kommunale/öffentliche Unternehmen, und diese grundsätzliche Position impliziert die Mitwirkung der Mandatsträger in den Kontrollgremien geradezu zwingend.
Deshalb plädiert der Autor in dieser Studie dafür, den Einfluss der Parlamentarier auf die wirtschaftliche Betätigung der Stadt Berlin zu stärken. Berlin ist nicht nur ein Land, es ist auch eine Kommune. Und in den deutschen Kommunen funktioniert entgegen aller Stigmatisierungen – Stichwort Gremienlastigkeit – Kommunalwirtschaft deshalb so gut und genießt das große Vertrauen der Bürger, weil die von ihnen mandatierten Ratsmitglieder in den Gremien Transparenz und Kontrolle gewährleisten.“
(Studie „Optimierung der strategischen Steuerung als zentraler Weg zur langfristigen Erfolgssicherung der öffentlichen Unternehmen in Berlin. Überlegungen auf der Grundlage einer Befragung von Mitgliedern des Berliner Abgeordnetenhauses und der Mitgliedsunternehmen der Initiative „mehrwert“ Berlin“, 10. März 2015, Autor: Prof. Dr. Michael Schäfer)
Acht Jahre später hat sich an der damaligen Situation nichts geändert. Ergo ist meine damalige Forderung, die ich 2016 auch dem seinerzeitigen Regierenden Bürgermeister Michael Müller vorgetragen habe, weiter aktuell.
Das keine Parlamentarier ein den Aufsichtsgremien öffentlicher Unternehmen vertreten sind, ist nach meiner festen Überzeugung ein Verstoß gegen elementare demokratische Prinzipien. Der Zustand in Berlin, in anderen Ländern und auch auf Bundesebene zeigt, dass das Primat der Legislative – ein Grundpfeiler unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung – immer stärker von der Exekutive konterkariert wird. Tendenz zunehmend! Leider werden die Gesetze hierzulande in den Ministerien geschrieben. Die von dort kommenden „Referentenentwürfe“ werden nicht den Ast absägen, auf dem die Beamten sitzen. Deshalb sollten zur Abwechslung mal diejenigen ein Gesetz machen, die dafür per se zuständig sind, die frei und geheim vom Volk gewählten Abgeordneten. Jörg Stroedter sollte nicht beim Beklagen des Status quo bleiben, sondern einen fraktionsübergreifende Gesetzesinitiative auf den Weg bringen.