Phosphor-Recyling erstmals in Europa großtechnisch und rentabel

Hamburg 2023:
Phosphor-Recyling erstmals in Europa großtechnisch und rentabel

Die Existenz des Lebens auf der Erde ist real bedroht. Der Klimawandel ist aber „nur“ ein Teilaspekt. Denn die Gefährdung der Schöpfung basiert in erster Linie auf dem verantwortungslosen Umgang mit den irdischen Ressourcen: Das Wasser, die Luft, die Wälder, die Rohstoffe. Die radikale Umkehr ist überfällig. Die Antwort lautet: Kreislaufwirtschaft. Nicht als Mogelpackung wie dem Verbot von Trinkröhrchen aus Plastik, sondern als konsequente Rückgewinnung der Stoffe.

Eine der radikalen Antworten auf die Bedrohung des Lebens auf der Erde ist das konsequente Recycling von Phosphor aus den kommunalen Klärschlämmen.

Davon fielen 2020 rund 1,8 Millionen Tonnen (Trockenmasse) aus den kommunalen Kläranlagen in Deutschland an, die zu 75 Prozent verbrannt wurden. 25 Prozent wurden stofflich verwertet, vor allem in der Landwirtschaft und beim Landschaftsbau. Radikal heißt: Die gesamte Menge muss zur Wiedergewinnung von Phosphor genutzt werden. Damit könnten bis zu 50 Prozent des deutschen Phosphorbedarfs gedeckt werden.

Am 3. Oktober 2017 ist die überarbeitete Klärschlammverordnung in Kraft getreten. Sie schreibt vor, dass kommunale Abwasserbehandlungsanlagen die Mangelressource Phosphor (das Element steht seit dem 13. September 2017 auf der „Liste kritischer Rohstoffe der Europäischen Union) ab 2029 zurückgewinnen müssen.

Phosphor ist das Lebenselement schlechthin. Jedes Leben – menschlich, tierisch, pflanzlich – braucht Phosphor zum Wachsen. Kein biologischer Organismus kann ohne diesen wichtigen Stoff funktionieren. 80 Prozent des weltweiten Bedarfs werden in Marokko, China, USA, Jordanien und Russland abgebaut. 95 Prozent aller Lagerstätten befinden sich in zehn Ländern. Mitteleuropa hat keine Vorkommen. Von den deutschen Importen werden rund 80 Prozent für die Herstellung von mineralischem Dünger benötigt.  Es wird noch in diesem Jahrhundert mit dem Ende der irdischen Ressourcen gerechnet. Ohne Rückgewinnung aus den kommunalen Klärschlammen (das ist die mit Abstand wichtigste Quelle) wird die Weltbevölkerung von unvorstellbaren Hungerkatastrophen bedroht.

Hamburg Wasser, Deutschlands größtes kommunales Wasserunternehmen, hat sich schon lange vor dem Inkrafttreten der novellierten Klärschlammverordnung im Jahr 2017 dem Thema Phosphor-Rückgewinnung gewidmet. Im Jahr 2023 wird in der Elbmetropole die europaweit erste Anlage ihren großtechnischen Betrieb aufnehmen und pro Jahr die Asche von rund 240 000 Tonnen entwässerten Klärschlämmen verarbeiten. An deren Entwicklung und Bau hat Harald Hanßen einen maßgeblichen Anteil. Er ist bei Hamburg Wasser als Abteilungsleiter für die Prozessführung der Klärwerke verantwortlich. Die Anlage wird unter dem Dach der Hamburger Phosphorrecyclinggesellschaft mbH (HPHOR) betrieben. Dort ist Hanßen Prokurist. Er beantwortete unsere Fragen zum Projekt, das auch unter dem Verfahrensnamen Tetraphos® bekannt wurde.

Blog UNTERNEHMERIN KOMMUNE (UK):

Nach unseren Recherchen wird die TetraPhos®-Anlage in Hamburg die erste in Europa sein, mit der Phosphor aus kommunalen Klärschlämmen großtechnisch zurückgewonnen wird. Trifft das zu, und wagen Sie auch eine Bewertung im weltweiten Maßstab?

Harald Hanßen (HH):

Mit unseren guten Kontakten auf Unternehmensebene zum europäischen Ausland haben wir ein gesichertes Wissen darüber, dass wir in Hamburg mit der großtechnischen Umsetzung absolutes Neuland betreten. Der Blick in die Welt ist da naturgemäß etwas schwieriger, aber wir haben noch keine Hinweise zum Beispiel in Veröffentlichungen in etablierten internationalen Fachmedien über vergleichbare Projekte im außereuropäischen Raum finden können. Deshalb haben wir gute Gründe zu der Annahme, dass das großtechnische Phosphorrecycling weltweit erstmalig in Hamburg stattfindet. Deutschland ist die erste und einzige Nation, die das Phosphorrecycling ab 2029 verbindlich vorschreibt. Diese 2017 in die Klärschlammverordnung aufgenommene gesetzliche Verpflichtung steht zu unserer Hamburger Weltpremiere in einem engen Zusammenhang.

UK:

Die Vorreiterrolle der für das Projekt TetraPhos® Verantwortlichen ist unstrittig. Wann hat Hamburg Wasser begonnen, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, und was waren und sind die wichtigsten Etappen bis zum kontinuierlichen großtechnischen Betrieb, der 2023 beginnen wird?

„Nasschemisches Phosphor-Rückgewinnungsverfahren – für mich die führende Technologie“

HH:

Man mag es kaum glauben, aber schon 2011 lag mit dem Abschlussbericht des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Gutachtens der RWTH Aachen über die ökologische und wirtschaftliche Bewertung verschiedener Phosphor-Recyclingverfahren eine sehr gute Studie über den damaligen Stand vor. Das Fazit dieser Arbeit war ernüchternd, denn weder vom Entwicklungsniveau, noch von der Wirtschaftlichkeit konnte kein einziges Verfahren überzeugen. Im Jahr 2015 hat Hamburg Wasser deshalb eine eigene Studie zusammen mit der TU Braunschweig angefertigt, um zu prüfen, wie die einzelnen Verfahren insbesondere unter den eigenen räumlichen, technischen und ökonomischen Randbedingungen abschneiden. Hierbei hat sich sehr deutlich herausgestellt, dass ein nasschemisches Rückgewinnungsverfahren aus den Aschen der betriebseigenen Klärschlammverbrennungsanlage die richtige Technologie ist. Es war ein glücklicher Umstand, dass mit Remondis schon sehr lange gute Beziehungen bei der thermischen Verwertung von kommunalen Klärschlämmen bestanden. Hinzu kam, dass Remondis Aqua zu diesem Zeitpunkt ein innovatives Verfahren entwickelt und patentiert hatte, bei dem mit Phosphorsäure Phosphate aus der Verbrennungsasche herausgelöst werden. Deshalb haben wir mit diesem Partner den Bau einer Pilotanlage beschlossen, die bis 2016 gemeinsam betrieben wurde. Wichtige Meilensteine waren danach 2018 die Gründung einer neuen Gesellschaft für den Bau und Betrieb der Phosphorrecyclinganlage – das ist die Hamburger Phosphorrecyclinggesellschaft mbH (HPHOR) – und deren Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzrecht. Die Findung der Baufirmen und der vielen Unit- und Komponentenlieferanten sowie die Errichtung der Anlage hat dann unter „Coronabedingungen“ bis in das Jahr 2021 gedauert. Seitdem sind befindet sich die Anlage in der Einfahr- und Optimierungsphase.

UK:

Anlagenbetreiber ist die von Ihnen schon genannte HPHOR, an der Hamburg Wasser mit 60 und Remondis Aqua mit 40 Prozent beteiligt sind. Hamburg Wasser ist das größte kommunale Wasserunternehmen Deutschlands. Warum haben Sie sich trotz Ihrer Größe, ausgeprägter technologischer Kompetenz und hoher Wirtschaftskraft entschieden, ein gemeinsames Unternehmen mit der privaten Remondis zu gründen?

HH:

Hamburg Wasser ist in Bereichen der Abwasser- und Klärschlammentsorgung an vielen Stellen sehr innovativ und hat eigenes ingenieurtechnisches Know-how. Ein komplexes chemisches Verfahren nur für eine einzige eigene Anwendung in Hamburg zu entwickeln, passt nicht in unser Profil. Hier hat Remondis als Dienstleistungsunternehmen ein deutlich stärkeres Interesse und deshalb auch die Grundlagenforschung für das TetraPhos-Verfahren vorangetrieben. Hamburg Wasser hat mit den Erfahrungen aus der thermischen Schlammbehandlung – das ist die Voraussetzung für die Phosphorrückgewinnung – mit Remondis als Technologieentwickler einen idealen Partner gefunden.

Phosphordünger aus Klärschlammen kaum zulassungsfähig

UK:
Sie nennen die technologische Überlegenheit und Reife des TetraPhos®-Verfahrens als wichtigen Grund für die Kooperation. Woran machen Sie das fest?

HH:

Bei der Rückgewinnung von Phosphor aus der Verbrennungsasche einer Klärschlammverbrennungsanlage erzielen wir im Vergleich mit allen Wettbewerbern mit über 80 Prozent die höchste Recyclingquote. Das Verfahrenskonzept beruht nicht darauf, einen mineralischen Phosphor-Dünger zu erzeugen und in den Markt zu bringen. Das halten wir für den falschen Weg. Für solche Produkte gibt es bis dato keine düngerechtliche Zulassung. Ich bin mir recht sicher, dass eine solche auch nicht erteilt wird, weil es wegen der sich ständig ändernden Schlammqualitäten – der Ausgangsstoff ist und bleibt ein Naturprodukt – keine gleichbleibende Güte der produzierten Dünger gibt. Diese Konstanz unter anderem bei Körnung und Zusammensetzung ist aber eine grundlegende Voraussetzung für eine Zulassung. Dies ist auch die Sicht der Düngemittelindustrie. In Summe können wir wohl davon ausgehen, dass die Recylate nicht zu vermarkten sind.

Im Gegensatz dazu wird beim TetraPhos®-Verfahren eine sehr saubere 75-prozentige Phosphorsäure als ein vom Markt nachgefragter hochwertiger Rohstoff produziert. Um die Phosphate aus der Verbrennungsasche herauszulösen, müssen nicht andere zugekaufte technischen Säuren wie Salz- oder Schwefelsäure eingesetzt werden, sondern dieser wichtige Verfahrensschritt erfolgt durch die eigenerzeugte Phosphorsäure. Beide Aspekte bewirken die hohe Wirtschaftlichkeit des Verfahrens.

UK:

Ihr Partner Remondis will bekanntermaßen mit TetraPhos® Projekte in Deutschland und auch darüber hinaus akquirieren. Dabei spielen ganz sicher die Erfahrungen, die in Hamburg bei der Errichtung und dem Betrieb gemacht wurden und werden, eine große Rolle. Manifestiert sich das auch dadurch, dass Remondis bei der Finanzierung der vermutlich hohen Implementierungskosten überproportional über den nominalen Gesellschafteranteil von 40 Prozent beteiligt ist?

HH:

Die Finanzierung der Anlage erfolgt nicht von den Anteilseignern sondern aus der Phosphorgesellschaft heraus. Über vorhandenes Eigenkapital, Bankendarlehen und ein Zuschuss von 20 Prozent aus dem Umweltinnovationsprogramm des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wurden die Mittel für Herstellung der Anlage zur Verfügung gestellt.

Natürlich trägt Remondis darüber hinaus alle Aufwendungen für die Optimierung der Recyclinganlage in Hamburg. Das ist unabhängig von den Gesellschaftsanteilen an der Hamburger Phosphorrecyclinggesellschaft auch fair und gerecht, denn unser privater Partner profitiert bei weiteren Projekten von den in Hamburg gemachten technologischen und verfahrenstechnischen Erkenntnissen und Erfahrungen.

TetraPhos® läuft als großtechnische Anlage in Hamburg schon im Startjahr 2023 rentabel

UK:

Für viele kommunale Wasserverbände und -betriebe hat die Wirtschaftlichkeit der Phosphorrückgewinnung einen hohen Stellenwert. Es gibt Befürchtungen, dass das Recycling nicht kostendeckend machbar ist, und es deshalb zu höheren Abwassergebühren kommt, ein bekanntlich hoch sensibles Thema. Im Oktober 2022 sagten Sie uns bei einem Gespräch in Hamburg, dass TetraPhos® schon im Jahr Eins des großtechnischen Betriebs wirtschaftlich arbeiten und den Gebührenzahler nicht belasten wird. Stehen Sie weiter zu dieser Aussage, und können Sie das bitte für unsere Leser im Detail erläutern?

HH:

Wesentlich für die Wirtschaftlichkeit des Phosphorrecyclings ist der Umstand, dass eine saubere Phosphorsäure hohe Verkaufserlöse erzielt. Besonders im Jahr 2022 sind vor allem wegen des Krieges in der Ukraine die Preise für technische Säuren in die Höhe geschossen, wenn sie denn überhaupt verfügbar waren. Denken Sie nur an die Knappheit an Salzsäure und die daraus resultierenden Produktionsausfälle.

Zusätzlich wird als Nebenprodukt beim TetraPhos®-Verfahren eine eisen- und aluminiumhaltige Salzlösung hergestellt, die als Fällsalz direkt wieder in der Kläranlage eingesetzt wird und dadurch die Kosten für die Beschaffung von Wasserchemikalien für die Kläranlage um bis zu 40 Prozent reduziert.

Unterm Strich erzielen wir in Relation zu den Kosten für den Betrieb des Phosphorrecyclinganlage höhere Einnahmen. Diese Rentabilität werden wir schon im Jahr 2023 erreichen.

UK:

Welche Prämissen würden Sie für ein wirtschaftliches Phosphorrecycling definieren?

HH:

Wie gerade erläutert ist das A und O für die Wirtschaftlichkeit der Wert des Recyclingproduktes. Darin unterscheidet sich das Phosphor-Recycling überhaupt nicht von anderen Anwendungen in der Kreislaufwirtschaft.

Daneben gibt es eine Vielzahl weiterer Einflussfaktoren, die sehr stark vom Standort, von der technischen Einbindung in die vorhandene Infrastruktur und vom Betriebskonzept abhängen. Habe ich ein eigenes Grundstück oder muss eine Fläche angemietet und erschlossen werden, steht Abwärme oder Strom aus der Eigenenergieerzeugung günstig zur Verfügung oder müssen die benötigten Energie im freien Handel erworben werden, kann ich auf Betriebs- und Instandhaltungspersonal zurückgreifen oder muss ich weiteres Personal einstellen?

Nicht zu vergessen sind die technologischen Prämissen: wie komplex und wartungsintensiv ist das Recyclingverfahren – wie baut darauf das Redundanz- und Lagerkonzept auf?

Ich könnte diese Liste noch verlängern. Deshalb bedarf es einer sehr intensiven Betrachtung der Einflussfaktoren, um für eine eigene Anwendung die optimale Lösung zu finden.

Phosphor-Recycling ab 2029 ernsthaft gefährdet

UK:

Das Jahr 2023 hat gerade begonnen. Ab 2029 muss Phosphor aus den kommunalen Klärschlämmen in ganz Deutschland ohne wenn und aber zurückgewonnen werden. Wir haben zwar keine komplette Übersicht, stellen aber schon fest, dass die Kommunen und ihre Verbände zu dieser Zielmarke mit recht unterschiedlichem Tempo unterwegs sind. Haben diejenigen, die womöglich noch gar nicht gestartet sind, angesichts bekannt langer Planungszeiten überhaupt eine Chance in sieben Jahren die Forderungen des Gesetzgebers zu erfüllen?

HH:

Ich mache mir große Sorgen, ob die gesetzlich festgeschriebenen Ziele erreicht werden können. Zum einen müssen bis 2029 die Verbrennungskapazitäten geschaffen sein, um die dringend benötigte Veraschung der Klärschlämme durchzuführen. Die Explosion der Baukosten in den vergangenen beiden Jahren führte mancherorts dazu, dass geplante Vorhaben verschoben werden mussten. Die Genehmigungsverfahren für Verbrennungsanlagen sind zudem sehr zeitintensiv und bergen die Gefahr von Widerspruch, zum Beispiel aus der Bevölkerung oder von den Naturschutzverbänden. Es birgt enorme Risiken, Anlagen zu konzeptionieren, wenn die Zusammensetzung und die Morphologie der Verbrennungsaschen noch nicht bekannt sind. Zeit- und kostenintensive Nachbesserungen sind dann die Folge. Die heutigen oder zukünftigen Betreiber der Klärschlammverbrennungsanlagen können nicht davon ausgehen, dass ohne eigenes Zutun die Entwicklung von Recyclingverfahren voranschreitet und dann auch noch von den Herstellern die volle Verfahrensgarantie gegeben wird. Der potentielle Anlagenbauer sucht aufgrund der vollen Auftragsbücher momentan keine neuen Geschäftsfelder. Ich höre deshalb schon jetzt Stimmen, die danach fragen, wann denn die Übergangsfristen der Klärschlammverordnung verlängert werden. Diese Diskussion ist für die Technologieentwicklung völlig kontraproduktiv. Denn sie verunsichert die Entscheidungsträger in den Kommunen und deren Verbänden sowie bei den Betreibern. Ich befürchte deshalb, dass aus der jetzt schon schwachen Dynamik bei der Umsetzung neuer Verfahren eine Stagnation wird.

UK:

Wer wie Sie in einer Vorreiterrolle ist, hat damit auch einen Wissensvorsprung. Was raten Sie Ihren kommunalen Kollegen von der Nordsee bis in den Alpen, und gibt es aus Ihrer Sicht Wege mit einer besonders hohen Erfolgschance?

HH:

Laut Klärschlammverordnung müssen die Kläranlagenbetreiber in diesem Jahr den zuständigen Behörden ihr Konzept für die Umsetzung des Phosphorrecyclings vorlegen.

Deshalb ist genau jetzt die Zeit der Grundsatzentscheidungen. Es reicht aber nicht aus nur die Absicht aufzuschreiben, ab 2029 den Klärschlamm der Verbrennung mit direkt anschließendem Phosphor-Recycling zuführen. Die Weichen hierfür müssen jetzt in die richtige Richtung gestellt werden. Die thermische Klärschlammverwertung mit integriertem Phosphor-Recycling spätestens ab 2029 muss d a s (Hervorhebung – HH) künftige Ausschreibungsmodell sein. Dazu sind langfristige Vertragslaufzeiten notwendig, um Investitionen absichern zu können.

Nur ein gutes Dutzend kommunale Großklärwerke haben derzeit eigene Klärschlammverbrennungsanlagen und damit gute Voraussetzungen für deren Erweiterung mit einer Phosphor-Recyclinganlage. Mittlere und kleine kommunale Kläranlagenbetreiber müssen interkommunal zusammenarbeiten, ihre Menge bündeln und an einem geeigneten Standort die Veraschung und das direkt anschließende Phosphor-Recycling zentralisieren. Hier gibt es bereits gute Beispiele in Deutschland. Während die Verbrennungstechnologie komplett ausgereift ist, ist der Entwicklungsstand des Phosphor-Recyclings in Summe unbefriedigend. Unser TetraPhos®-Projekt ist darauf die positive Antwort. Darauf dürfen wir bei aller hanseatischen Bescheidenheit schon ein wenig stolz sein.

UK:

Herr Hanßen, Danke für das Gespräch.

Unser Interviewpartner

Harald Hanßen, Jahrgang 1961, hat 1991 sein Studium an der TU Hamburg-Harburg als Diplomingenieur für Verfahrenstechnik abgeschlossen. Unmittelbar danach nahm er seine Tätigkeit bei Hamburg Wasser auf, bis 1997 als Projektleiter Verbrennungsanlagen. Bis 2015 folgten weitere leitende Tätigkeiten bei Hamburg Wasser. Dabei war die thermische Verwertung immer ein Schwerpunkt.

In Hamburg wird der Faulschlamm bereits seit 1997 sehr umweltschonend thermisch behandelt. Die Verbrennungsanlage „VERA“ war beispielsweise weltweites Ausstellungsprojekt während der EXPO 2000. Ihre Energieproduktion hat dazu beigetragen, dass das Ziel „Energieautarke Kläranlage“ 2011, als Hamburg sich in Europa als Umwelthauptstadt präsentierte, erreicht werden konnte. Heute ist die in der „VERA“ eingesetzte Umwelttechnik Beispiel für andere Städte, Kommunen und Verbände wenn es darum geht, neue Verbrennungsanlagen in Norddeutschland zu errichten.

Von 2015 bis 2017 war Hanßen Geschäftsführer der „VERA“ Klärschlammverbrennung Hamburg Wasser AÖR. Seit 2017 ist er neben seiner Tätigkeit als Abteilungsleiter für die Prozessführung der Klärwerke Prokurist der Hamburger Phosphorrecyclinggesellschaft mbH

Mit seinen über drei Jahrzehnten Erfahrung bei der der Klärschlammverwertung, die er als Leiter großer innovativer Projekte bei Hamburg Wasser gesammelt hat, gilt Harald Hanßen als einer der führenden Experten auf diesem Gebiet in Deutschland.

Hinweis:

Für weitere Informationen zum Phosphorrecycling lesen Sie bitte in der Rubrik „Lexikon“ die Handreichung, die der Blogger verfasst hat. In seinem im Oktober 2022 erschienenen Buch „Mit Kapital die Schöpfung retten“ steht das Phosphorrecycling prominent und beispielhaft dafür, dass die konsequente Rückgewinnung der in der Wertschöpfung verwendeten Stoffe schon jetzt möglich ist. Für die ökonomische und technologische Machbarkeit steht ein  vom Autor neu entwickeltes erweitertes Verursacherprinzip.

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2 Kommentare zu „Phosphor-Recyling erstmals in Europa großtechnisch und rentabel“

  1. Hier wird kurz und knapp dargestellt, wo die kommunalen Abwasserbeseitiger hinmüssen. Aus dem anfallenden Klärschlamm muss Phosphor zurückgewonnen werden. Das ist ab 2029 nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern sollte jedem kommunalen Verantwortlichen in diesem Bereich klar sein. Es muss auch von allen dort tätigen und politische Verantwortung tragenden verstanden werden, dass jetzt die Weichen gestellt werden müssen, um ab 2029 die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Das Verständnis dafür heißt auch, einen weiteren Schritt nach vorn in der Kreislaufwirtschaft zu machen. Ich bin der Überzeugung, Investitionen in die Klärschlammverwertung haben so zu erfolgen, dass diese zukunftsfähig sind. Mit der Umsetzung der Rückgewinnung des Phosphors aus dem Klärschlamm ist auch eine wirtschaftliche Chance für die Abwasserbeseitigungsunternehmen (- oder Verbände) gegeben. Die Erlöse aus der Rückgewinnung des Phosphors und der anderen Stoffe aus dem Klärschlamm können die Gebühren für die Abwasserbeseitigung in Zukunft stabilisieren, wenn heute der richtige Weg eingeschlagen wird. Bei Hamburg Wasser scheint das so zu sein. Ein wirklich interessanter Artikel.

  2. Reinhard Wohlgemuth

    Sehr interessant! Das Thema Phosphor hatte ich bisher gar nicht auf dem Schirm. Kann man der Hamburger HPHOR nur viel Erfolg wünschen. Im Rahmen der zunehmenden Bedeutung der Kreislaufwirtschaft ist die Zusammenarbeit zwischen einer Kommune und einem privatwirtschaftlichen Unternehmen besonders zu würdigen. Um die gesteckten Ziele bis 2029 zu erreichen, wird diese Art der Kooperation sicher unumgänglich sein.

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